Arnon Grunberg
Profil,
2005-03-21
2005-03-21, Profil

Bermudadreieck. Arnon Grünbergs lakonische Reise durch ein Beziehungsdreieck: "Der Vogel ist krank"


Angelika Hager

Zuerst lockt er uns auf das Terrain maximaler Durchschnittlichkeit, die perfide Grünberg. Wir nehmen Platz in einer Beziehungs-Grauzone, in der sich die zwei Protagonisten kuschelig eingerichtet haben. Er heisst Christian Beck, ein gescheiterter Schriftsteller, der so gat nichts meht vom Leben will, dass er sein Dasein mit der Übersetzung von Gebrauchsanleitungen fristet: Seine Lebensgefährtin, mit dem Kosenamen "Der Vogel" versehen, ist nicht minder langweilig und ansonsten Forscherin. Beide fühlen sich in ihrer Symbiose wie in "einer Geheimorganisation", doch ist der Sinn dieser Organisation langst verloren gegangen. Als der "Vogel" sterbenskrank wird und nicht mehr viel Zeit bleibt, kommt plötzlich Leben in die Bude. Denn jetzt will der "Vogel" heiraten, und zwar nicht den Lebensgefährten, sondern einen schiefzahnigen, breit grinsenden Asylbewerber aus dem algerischen Raum - und zwar keineswegs nur auf dem Papier. Beck muss lernen, sich im Bad die Zähne neben einem pinkelnden Mann zu putzen, der sein Glied zuvor "in meiner Frau hatte". Das ist alles sehr komisch: Woody-Allen-trifft-Isaac-Bashevish-Singer mit einem Hauch Marx Brothers und Joseph Roth. Der in New York lebende Holländer Grünberg kurvt mit lakonischer Leichtigkeit durch das Bermudadreieck dieser Liebe. Am Ende hat man soviel Sehnsucht nach seinem nächsten Roman wie seinerzeit nach "Phantomschmerz" und "Amour fou".