Arnon Grunberg
Berliner Morgenpost,
2003-09-02
2003-09-02, Berliner Morgenpost

Auf der Überholspur. Arnon Grünberg: Phantomschmerz


Ein grandioser Garant für skurrile Prosa ist der junge niederländische Autor Arnon Grünberg, dessen unter dem Pseudonym Marek van der Jagt publizierte Grotesken à la "Amur fou" und "Monogam" die Kritik gleichfalls nachhaltig beeindruckten. Grünbergs jüngstes Werk ist neuerlich so fantasievoll, dass man sich beim Lesen unweigerlich fragt, wo der Autor seine bizarren Eingebungen hernimmt. "Phantomschmerz" handelt vordergründig von einem lebenslänglichen Vater-Sohn-Konflikt, den Harpo mit seinem Erzeuger, dem hedonistischen, beruflich indes nur mäßig erfolgreichen Schriftsteller Robert G. Mehlmann ausficht. Ein mehr neurotischer denn genialischer Visionär zwischen drei Frauen, dessen libidinöse Verstrickungen den bedauernswerten Sohnemann bereits frühkindlich traumatisieren. Zumal sich Vater Mehlmann nicht entblödet, dem zarten Filius in harten Briefen unentwegt von neuen Verfehlungen auf seiner Überholspur namens Leben zu berichten. Grünbergs gewitzter Roman besticht durch unerhörtes Tempo, raffinierten Spannungsaufbau - und den sympathischen Wahnwitz der Hauptfigur.