Arnon Grunberg
SDA,
2014-08-26
2014-08-26, SDA

"Der Mann, der nie krank war"


Ein junger idealistischer Architekt will eine Oper bauen, ausgerechnet im Irak. Dort wird er auf brutale Weise mit der Wirklichkeit konfrontiert: In seinem Roman "Der Mann, der nie krank war" beleuchtet der niederländische Autor Arnon Grünberg ein höchst aktuelles Thema.
Einen grösseren Kontrast als die Schweiz und den Irak kann man sich kaum vorstellen. Arnon Grünberg selbst hat diesen Kontrast immer wieder bei Irak-Besuchen erfahren, so unter anderem vor Jahren als "embedded journalist".
In seinem neuen Roman "Der Mann, der nie krank war" konfrontiert er einen westlichen naiven Idealisten mit den Abgründen einer zutiefst fremden Kultur, in der ein Menschenleben und persönliche Sicherheit nichts zählen.

Grosse Träume

Was fast harmlos und unbeschwert in Zürich beginnt, entwickelt sich am Ende zu einem Drama. Samarendra Ambani genannt Sam ist ein ehrgeiziger junger Schweizer Architekt mit indischen Wurzeln.
In seiner Familie ist er "der Mann, der nie krank war". Eines Tages bekommt er eine Mail von einem Iraker, der ihn als einen von drei Finalisten nach Bagdad einlädt, um dort eine Oper zu bauen. Sam träumt davon, ein neuer Frank Lloyd Wright zu werden.
Kaum ist Sam in Bagdad angekommen, geschehen unheimliche Dinge. In seinem Koffer befindet sich fremde, schmutzige Wäsche. Zwielichtige Bodyguards nehmen ihn in Empfang, seinen Auftraggeber dagegen bekommt er nie zu Gesicht. Später erfährt er gar, dass dieser ermordet wurde.
Sam selbst wird der Spionage verdächtigt und landet in einem Folterkeller, in dem man ihn demütigt und quält. Immer wieder verweist der Gefangene darauf, dass er ein Schweizer Architekt ist, der für die Iraker nur eine Oper bauen will. Aber er muss erkennen, dass nichts davon hier zählt.

Temporeicher Thriller

Wie durch ein Wunder kehrt der Architekt in die sichere Schweiz zurück, doch von seiner Naivität ist er keineswegs geheilt. Als er einen Auftrag aus Dubai bekommt, dort eine Bibliothek mit Bunker zu bauen, nimmt er ihn an, denn er meint, so seine Angst vor der arabischen Welt überwinden zu können. Zudem glaubt er, das steinreiche Dubai sei ein Rechtsstaat.
Grünberg verbindet in seinem temporeichen Politthriller Dramatik mit überraschender Ironie, Spannung mit Reflexion und macht daraus ein stimmiges Ganzes, das einen atemlos zurücklässt. Selten wurde der "Clash of civilizations" so brillant beschrieben und auf den Punkt gebracht.