Kurz und knapp
Hendrik Werner
Der Ex-Meister des Absurden verlegt sich zusehends auf das tragikomische Fach. Arnon Grünberg verkneift sich zunehmend frühere Flapsigkeiten in der Dialog- und Figurenführung zugunsten ernsthafter, erwachsener Konstellationen. "Tirza", die bestürzende Geschichte einer Verkennung, bestätigt diesen Trend. Es geht darin um existenzielle Irrungen des Endfünfzigers Jörgen Hofmeester, Magister der Germanistik, wohnhaft in Amsterdam, tätig im Verlagswesen. Und es geht um die Frage, wie viele schlimmstmögliche Wendungen und Verluste ein Leben verträgt, ohne leer zu werden. Hofmeester hat diesbezüglich gut vorgelegt: Ein Gutteil seines Vermögens ist verschwunden, seine Frau hat ihn verlassen, und jetzt kündigt seine jüngste Tochter auch noch an, nach dem Abitur nach Afrika reisen zu wollen. Was ja anginge, würde ihr Begleiter nicht wie ein 9/11-Attentäter aussehen. Grünberg beschreibt mit dramaturgischer Souveränität und maßvollem Witz die Geschichte eines schleichenden Verfalls. Der Hauptfigur laufen Besitzstände, Gewissheiten und die Zeit davon. Wie sie sich aus dieser Beklemmung zu lösen versucht, ist kaum glaublich. Und gerade darum absolut lesenswert.